Erstmals in Baden-Württemberg Präsidentin gewählt

Klaus Otto übergibt an Diana Schindler.      
Minister Peter Hauck MdL hält Festrede.        
 

Dass dieser Verbandstag des Landesverbandes der Gartenfreunde Baden-Württemberg e. V. in der Filderhalle in Leinfelden recht ereignisreich verlaufen könnte, war vorauszusehen. Klaus Otto, der, um es vorwegzunehmen, am späten Nachmittag sein Präsidentenamt an Diana Schindler weitergab, hatte bereits früh angedeutet, für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung zu stehen: „Man kommt auch mal in ein Alter, wo man aufhören darf.“   
Doch wer den Staffelstab der Füh­r­ungsspitze aufnehmen würde, war bis dato nicht geklärt und so wurde der Samstagnachmittag mit seinem verbandsinternen Programm teils mit Spannung, teils mit gemischten Gefühlen erwartet.  
Zum Auftakt des festlichen Vormittags begrüßte Klaus Otto zahlreiche Ehrengäste aus benachbarten Landesverbänden, Geschäftspartner und politische Weggefährten sowie 61 Delegierte des Verbandstages. Vizepräsident Rolf Hurlebaus übernahm die Moderation des weiteren Programms. Mit dem ersten Grußwort startete Frau Staatssekretärin a.D. Friedlinde Gurr-Hirsch, die sich nunmehr in ihrem „Unruhestand“ als Präsidentin des Verbandes „Natur im Garten Deutschland e. V.“ ehrenamtlich für die ökologische Ausrichtung von Gärten engagiert. Der in Deutschland relativ junge Verband vermittelt als Ziele: eine Erhöhung der Biodiversität, d.h. des Artenreichtums im Garten, den Verzicht auf synthetisch-chemische Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger sowie den Verzicht auf Torfprodukte. Alle in unserem Lande nach diesen Zielen praktizierenden Gartenbesitzer, insbesondere die Nichtorganisierten, können auf Wunsch durch zertifizierte Prüfer begutachtet werden und eine Auszeichnung für ihre Leistungen erwerben. Da der Landesverband der Gartenfreunde Baden-Württemberg ab Januar 2023 Mitglied im Verband Natur im Garten Deutschand e. V. ist, wird er bezüglich dieser Fragen Ansprechpartner sein: Fachberater werden, nachdem sie einen Zertifizierungslehrgang abgeschlossen haben, eine solche Bewertung durchführen.    
Die Idee entwickelte sich im Nachbarland Österreich und vernetzt sich bereits in Teilen Europas. Gurr-Hirsch möchte mit ihrem Engagement dazu beitragen…“ Menschen zu ermutigen und sie darin unterstützen ihren Garten naturnäher zu bewirtschaften“ sowie… „dass sich Netzwerke bilden, sich offene Gärten für beispielhafte Gartenrouten finden und sich ein Gartentourismus entwickelt, wie bereits im Netzwerk Bodenseegärten in Teilen verwirklicht.“ Friedlinde Gurr-Hirsch erhielt am Ende ihrer Ansprache von Klaus Otto die Goldene Ehrennadel des Landesverbandes der Gartenfreunde Baden-Württemberg e. V. überreicht.   
Dirk Sielmann, Präsident des Bundesverbandes deutscher Gartenfreunde (BDG), gab in seiner Rede einen Überblick über das Gartenleben innerhalb der Organisation der Gartenfreunde und betonte die Wichtigkeit persönlicher Treffen, gemeinsamer Gespräche zur gemeinschaftlichen Erarbeitung von Lösungen gegenüber den Herausforderungen der Gegenwart. Gerade in der Positionierung zum Klimawandel könnten alle Gartenfreunde Enormes leisten…“Unter dem Dach des BDG seien 901 000 Pachtverträge gelistet, die Zahl der Gartenbesitzer allgemein in Deutschland wird auf 10 Millionen geschätzt“. Die Fachberatung ansprechend lobt Sielmann die Leistungen aller Landesverbände und attestiert dabei dem Verband in Baden-Württemberg die Spitzenposition. Er begrüßt die Zusammenarbeit von Verbänden und staatlichen Institution, das Schaffen von Anreizen aus Politik und Verwaltung für eine positive Entwicklung in Richtung naturnahen Garten, aber auch der Kleingartenbewegung: …mit der Erwähnung von Kleingartenanlagen im Bundesnaturschutzgesetz werden diese als schützenswert in die Nähe von Naturland gerückt, Naturschutz unterliegt nicht mehr der Ideologie in “bewohnt” und “unbewohnt” zu trennen. Zugleich dürfte die Auflösung von Kleingartenflächen zu Gunsten einer Bebauung noch schwieriger werden.“   
Wolfgang Kuhn, Präsident des Eigenheimerverband Deutschland e. V., stellte in seinem Grußwort die Vertretung der Siedler und Eigenheimer und deren Aufgabengebiet vor: „Schaffe, schaffe, Häusle bauen! – es wird schwieriger werden, in Zukunft den Traum vom eigenen Wohnen umzusetzen.“ Das Erwerben, Erhalten und Schuldenfrei bringen werde mehr und mehr belastet; dabei stellt Kuhn auch die Kostensteigerungen bei den Steuern und Abgaben in den Raum. „Die Eigenheimer-Quote ist auf einem Abwärtstrend.“   
Martin Schmitt, Vorsitzender des Bezirksverbandes der Gartenfreunde Esslingen e. V., stellt den Anwesenden sich und die Geschicke seines Verbandes vor. Er ist hocherfreut, unter seinen Mitgliedsvereinen den Teilnehmer am Bundeskleingartenwettbewerb zu haben, stellt die Schwierigkeiten zusammen, Nachwuchs für die verschiedensten Vereinsämter zu gewinnen und setzt Hoffnung in einen neuen Fachberaterlehrgang, der ab November 22 in seinem Bezirk stattfindet und aus dem sich neue potentielle Multiplikatoren und Helfer ergeben werden.    
Als Festredner ging Peter Hauck, MdL und Minister des Ländlichen Raums (MLR) Baden-Württembergs, temperamentvoll auf viele Aussagen seiner Vorredner ein: „Garten lässt sich durch nichts ersetzen, …, er ist Rückzugsort für die Sinne, Ort der Verwirklichung, Raum zur Gewinnung und zum Ausdruck von Lebensfreude, Treffpunkt der Familie und Gäste. Diese hohe Wertigkeit wurde in der Bevölkerung insbesondere durch den vergangenen Lockdown erkannt, …der Garten ist ausgleichend, beruhigend und federt viele Probleme ab“. Entsprechend sei ja auch die derzeitige Bewerbungssituation um Gärten, die in Baden-Württemberg eine Gesamtfläche von 110 000 ha einnehmen, fügte Hauck daran an. „Gerade im Siedlungsbereich im bebauten Bereich der Städte und Gemeinden erfährt das Leben durch Gärten – reich an Artenvielfalt, reich an Biodiversität – eine enorme Aufwertung für Körper, Geist und Seele. Zugleich zählen sie als Trittsteine in bebauter Natur und bilden bedeutsame Rückzugsräume für unzählige Organismen“. Dabei ließen sich zwischen ungenutzten Grünflächen bzw. Brache und nach guter fachlicher Praxis genutzten, gepflegten Gärten enorme umweltbedingte Wertsteigerungen erfahren. „Ein vielmaliges Danke an alle Gartenfreunde für die Nutzung und Pflege, …., verbunden mit der Bitte weiterzumachen, …, denn Dank ist auch die schärfste Form der Bitte“.     
Politik und Administration versuchen über verschiedene „Werkzeuge“ Gesellschaftsgruppen zu motivieren und zu fördern: Sei es in der Welt der Schulen mit der Schulgarteninitiative; der Anleitung zur gesunden Ernährung „Fünf am Tag“; der Bieneninitiative. Im Jahre 2023 wird erneut der Wettbewerb „Baden-Württemberg blüht“ ausgeschrieben, zu dem Garten- und Naturprojekte zur Förderung der Biodiversität von Aktionsgruppen wie auch von Gartenfreunden eingereicht werden dürfen. Eine Auszeichnung ist gewiss. Des Weiteren ist Politik und Verwaltung auch bestrebt, den Absatz regionaler Bioprodukte zu fördern. In Anlehnung zur positiven Naturentwicklung  wird zugleich das Einschränken bzw. der Verzicht von Pflanzenschutzmitteln auf öffentlichen Flächen, in der Landwirtschaft und auf Bahngelände fortschreitend untersucht und entwickelt. – Nach seiner Rede empfing auch Minister Hauck zu seiner eigenen großen Überraschung die Goldene Ehrennadel des Landesverbandes. Er erklärte, dass er diese Ehrung, die vor allem an die Mitarbeiter des Ministeriums gerichtet sei, für diese gerne annehme. Das MLR befindet sich seit vielen Jahren mit dem Landesverband der Gartenfreunde im konstruktiven Austausch.      
Der Nachmittag beschäftigte sich mit dem internen Teil des Verbandstages. Klaus Otto führte durch die Tagungsordnungspunkte. Darin wurden die vergangenen vier Geschäftsjahre, d.h. die Amtszeit des eingesetzten Präsidiums, noch einmal Revue passiert und Entlastungen vorgenommen, aber gleichwohl auch weiter an der Zukunft des Verbandes gearbeitet. Eine darüber im Vorfeld erarbeitete Broschüre mit allen wichtigen Inhalten versehen, war bereits frühzeitig vor dem Landesverbandstag an die Delegierten versandt worden. Gut informiert konnte dieser Teil zügig und zur Zufriedenheit aller Anwesenden behandelt und abgeschlossen werden. Ralf Bernd Herden, Vizepräsident des Eigenheimerverband Deutschland e. V., unterstützte in seiner  Eigenschaft als Verbandsanwalt die Diskussionen in Rechtsfragen. Es folgte dann der wohl wichtigste Abschnitt – die Neuwahlen bezüglich des Präsidium, des erweiterten Vorstandes sowie der Kassenprüfer. Als Wahlleiter wurde RA Herden, als Wahlhelfer die Mitarbeiter der Geschäftsstelle Susanne Freikowski und Jörg Gensicke vorgeschlagen und durch die Delegierten bestätigt. Bei einigen Ämtern waren die Kandidaten bekannt, bei den übrigen wurden nach verschiedenen Redebeiträgen Personen gefunden, die bereit waren Verantwortung für die Sache der Gartenfreunde im Ehrenamt zu übernehmen. Sehr schwierig gestaltete sich die Suche für die Nachfolge von Klaus Otto. Er, der nach 40 Jahren Ehrenamt, davon 20 Jahre auf Landesebene, aktiv und insbesondere seit 2014 Amt und Verantwortung des Präsidenten auf den Schultern trug, geht mit dem heutigen Tag in den ehrenamtlichen Ruhestand.  Wohl wahr, die Fußstapfen, die er hinterlässt, sind groß, sein Erfahrungsschatz scheint für nachfolgende unerreichbar … – entsprechend gehört auch dem nun vakant gewordenen Amt gebührender Respekt. Doch dreht sich die Erde weiter, und mit etwas Mut und Zuversicht und der Zusammenarbeit aller, wächst man in Aufgaben hinein. Für das Amt des Präsidenten sowie den Positionen des erweiterten Vorstandes wurden geheime Wahlen durchgeführt. Während der Auszählung der Stimmen wurden verdiente Gartenfreunde geehrt: Die Ehrenmedaille des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V. für ihr Lebenswerk erhielten Gabi Gärtner (Mannheim), Gerhard Schilling (Ulm) und Jürgen Wahl (Rastadt).   
Für das Präsidium wurden gewählt: Präsidentin Diana Schindler (Schwäbisch Gmünd), Vizepräsident Rolf Hurlebaus im Amt bestätigt (Schwäbisch Gmünd), Schatzmeister Dagmar Rost (Göppingen), Schriftführerin Heidi Erhardt-May (Mannheim). Für den erweiterten Vorstand wurden gewählt: Monika Albert (Oberer Neckar), Rolf Dettling (Tuttlingen), Kristin Nicke-Ebeling (Schwäbisch Gmünd), Angelika Köbach-Zimmermann (Allgäu), Jürgen Wahl (Rastatt). Im Team der Kassenprüfer sind: Erwin Ferlik (Mannheim), Heidrun Horn (Schwäbisch Gmünd), Henry Szafranski (Mannheim)    
Die Neugewählten als auch die in ihrem Amt bestätigten Gartenfreundinnen und Gartenfreunde wurden mit Applaus in die Gremien aufgenommen, die ausgeschiedenen mit großem Dank und Anerkennung verabschiedet. Alt-Präsident Klaus Otto erhielt als Dank für sein Jahrzehnte währendes Engagement auf Vereins-, Bezirks- und Landesverbandsebene die Ernennung zum Ehrenpräsidenten des Landesverbandes der Gartenfreunde Baden-Württemberg.   

Jörg Gensicke