Himmlische Gewürze

Frage aus Kindertagen: Mama, warum ist der Himmel „rot“ im Winter?     
Antwort: Weil die Engelchen Plätzchen backen …       


Weihnachten wäre nicht Weihnachten, würde nicht das ganze Haus vom Duft der typischen­ Gewürze durchflutet. Seit Jahrhunderten verzaubern diese Aromen alljährlich die festliche Zeit, um dann (leider) das ganze Jahr nicht mehr beachtet zu werden.   

Warum machen Weihnachtsplätzchen glücklich? Schon seit der frühen Kindheit verbinden viele Menschen das Weihnachtsfest mit charakteristischen Düften. Es riecht nach Weihnachten, nach Zimt, Anis, Ingwer, Muskat. Die Nase fordert zum Backen und Genießen auf.    
Aber es sind nicht nur der einzigartige Geruch und Geschmack, der uns Wohlbefinden signalisiert, früher waren die Weihnachtsgewürze auch Bestandteil der Arznei. Mit der Glaubensbotschaft brachten die Mönche des Mittelalters auch die Anwendung von Kräutern und Pflanzen mit über die Alpen. Früchte, Fleisch und Fisch wurden so veredelt.     

ANIS, auch süßer Kümmel genannt, ist heute vor allem ein bekanntes Backgewürz. Insbesondere in Bayern lobt man Anisbrot und Anisbrezeln als Spezialität. Die Rezeptur stammt übrigens von den Griechen. Anis riecht nicht nur gut, es tut auch gut. Die ätherischen Öle entkrampfen Magen und Darm und wirken sich positiv auf Blasenleiden aus. Anistee löst den Husten und mindert Krämpfe.    
Anis stammt aus dem Mittelmeerraum und ist eines der ältesten Gewürze überhaupt. Gewonnen wird es aus dem Samen der Anispflanze, die heute überall in der Welt angebaut wird. Das typisch leicht lakritzige Aroma liefert das ätherische Öl Anethol. Anis wird meist gemahlen als Gewürz für die besten Weihnachtsklassiker verwendet: Aachener Printen, Nürnberger Lebkuchen, Anisplätzchen, Pfeffernüsse und Springerle.         

STERNANIS gleicht dem Anis in Geruch und Geschmack. Er hat jedoch ein etwas feineres Aroma. Beim weihnachtlichen Sternanis handelt es sich um die Früchte des immergrünen Sternanisbaumes. Sternanis verleiht warmen Getränken wie Grog oder Glühwein ein süßliches Aroma.     
Weihnachten ist eine „diätfreie“ Zeit und verführt zu vielen Gaumenfreuden. Wie gut, dass fast alle Weihnachtsgewürze bei der anstrengenden Verdauung des Festessens helfen. Magensaftproduktion und Darmtätigkeit werden angeregt. Die Klassiker unter den Magenmitteln heißen Kardamom und Gewürznelken.    

KARDAMOM stammt aus Indien, gehört zur Ingwer-Familie und wird dort zur Unterstützung des Magens gekaut. Es schmeckt aromatisch, süß-scharf. Dieses Gewürz stärkt Körper und Geist. Es wirkt ähnlich konzentrationsfördernd wie Koffein. Verwendet werden die unreifen Samen, die aus Blüten am Seitentrieb der Pflanze stammen. Die Samen sind von einer Kapsel umgeben, die erst kurz vor der Verarbeitung entfernt wird. Unverzichtbar ist es bei der Herstellung von Spekulatius, Lebkuchen und im Punsch. Immer beliebter wird eine Prise Kardamom im Kaffee oder in einer heißen Schokolade.     

GEWÜRZNELKEN
kannten schon die Chinesen 3000 v.Chr. Es handelt sich um die getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaumes. Dieser Baum kann über zehn Meter hoch und viele 100 Jahre alt werden. Das Aroma von Nelken wirkt wegen seines hohen Anteils an ätherischen Ölen „betäubend“. Gewürznelken verleihen Grog, Punsch oder Feuerzangenbowle ihr typisches „weihnachtliches“ Aroma. Heute verwendet man Nelkenöl auch als Desinfektionsmittel und in der Zahnheilkunde: Eine Nelke auf den kranken Zahn gelegt und die Schmerzen werden gelindert. Außerdem sind Gewürznelken ein gutes Heilmittel bei entzündlichen Insektenstichen.      

ZIMT kommt aus Sri Lanka und ist ein Rindengewürz. Es wird aus der getrockneten inneren Rinde des Zimtbaumes gewonnen. Zu den ältesten Gewürzen der Welt gehört der Chinazimt, genannt Kasia. Er wirkt beruhigend und ausgleichend. Geschmacklich ist der Stangenzimt etwas feinwürziger als der gemahlene dunkle Zimt. Typische Rezepte sind Zimtsterne oder Gewürzgebäck. Zimt wirkt appetitanregend. In Plätzchen oder im Glühwein bewirkt er ein Wärmegefühl im Bauch.          
Gute Neuigkeiten für Diabetiker Typ 2 mit einer Schwäche für dieses Gewürz: Durch Zufall entdeckte der amerikanische Forscher Richard Anderson vom Forschungszentrum für Landwirtschaft und Ernährung in Beltsville, dass Zimt den Blutzuckerspiegel erheblich senken kann. Verantwortlich dafür sei der im Zimt enthaltene Wirkstoff MHCP, der auch den Fettanteil und die Cholesterinmenge im Blut vermindern soll (zu wissenschaftlichen Studien siehe http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=1587).        
Hinweis: Gesundheitlich bedenklich ist vor allem der Verzehr größerer Mengen von Zimtprodukten über einen längeren Zeitraum. In diesem Fall kann das enthaltene Cumarin die Leber schädigen. Kleinkinder sind außerdem stärker gefährdet als Erwachsene.      

MUSKATNUSS in Lebkuchen und Pfeffernüssen öffnet das Herz der Menschen, wie es Hildegard von Bingen schon im Mittelalter bemerkte. Der Muskatbaum stammt von den Molukken, den Gewürzinseln, die südlich der Philippinen liegen. Im botanischen Sinne ist die Muskatnuss keine Nuss, sondern es handelt sich um den getrockneten Samenkern des Muskatbaumes. Geerntet werden die pfirsichartigen Früchte. Wird das Fruchtfleisch entfernt, kommt die Muskatnuss zum Vorschein. Aus der Muskatnuss können zwei eigenständige Gewürze gewonnen werden: das gelbliche Macis – auch Muskatblüte genannt – und die braune Muskatnuss. Die Muskatnuss ist würzig-scharf bis leicht bitter im Geschmack. Lebkuchen und Printen verleiht sie ihr typisches Aroma. Zudem wird ihr aufgrund des hohen Gehaltes an ätherischen Ölen eine magenfreundliche Wirkung zugesprochen, die gleich in das Gewürzgebäck mit hin ein gebacken wird. Die Araber verwenden zerkleinerte Blüten oder geriebenen Samen als Aphrodisiakum. In kleinen Mengen macht das Gewürz glücklich. HINWEIS: In großen Mengen ist Muskatnuss giftig! Empfohlene Tagesmenge: nicht mehr als drei Gramm.       

INGWER gehört zur Familie der Gewürzlilien. Die Würze steckt in den Wurzeln. Ingwer schmeckt scharf und nach Zitrone. Zum Backen wird Ingwerwurzel getrocknet, gebleicht, geschält und gemahlen. Verwendet wird es bei der Herstellung von Ingwerplätzchen, Lebkuchen, Printen und dem Ingwerbrot. In der asiatischen Küche verwendet man gerne Ingwer. Als kandierten Ingwer oder mit Schokolade überzogen ist es eine sehr beliebte Süßigkeit. Mit Ingwer bekämpften die seefahrenden Nationen die Seekrankheit und auch heute wird pulverisierter Ingwer gegen Reiseübelkeit eingesetzt.      

KORIANDER wurde schon 9000 v. Chr. von steinzeitlichen Höhlenbewohnern kultiviert. Er ist verwandt mit Fenchel, Dill und Kümmel und man verwendet ihn gemahlen bei der Herstellung von Printen und Lebkuchen. Trocken riechen die Samen nach Zitrone und schmecken nach Orange, Zimt und Muskat. In vielen indischen, thailändischen und arabischen Gerichten wird Koriander verarbeitet. Schon früh erkannte man die Heilkräfte der Pflanze und setzte es bei Husten ein. Heute weiß man, dass Koriander die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse unterstützt und damit blutzuckersenkend wirkt.          

Übrigens völlig „unweihnachtlich“ werden Ingwer, Zimt, Koriander, Nelken, Vanillin und Muskat neben Koffein und Zucker bei der Herstellung von Cola verwendet. Möglicherweise sind es die heilenden Gewürze, die das Getränk so erfolgreich gemacht haben.      

Antonia Rose